Rede: EUFOR-Einsatz Zentralafrika

Die EU entsendet eine Mission in die Zentralafrikanische Republik, um die Vereinten Nationen und die Afrikanische Union bei der Stabilisierung der Sicherheitslage vor Ort zu unterstützen. Deutschland beteiligt sich an der Mission. Die Grünen unterstützen das Mandat, das die anhaltende Gewalt eindämmen und eine weitere Destabilisierung der Region verhindern soll. Nur so lassen sich die Voraussetzungen für die humanitäre Versorgung der Bevölkerung und den zivilen Wiederaufbau schaffen.

Die Rede wurde auf der 30. Plenarsitzung am 10.04.2014 gehalten.


Vizepräsident Johannes Singhammer:

Nächster Redner ist der Kollege Dr. Frithjof Schmidt, Bündnis 90/Die Grünen.

Dr. Frithjof Schmidt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ­NEN):

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die humanitäre Lage in der Zentralafrikani­schen Republik ist dramatisch. Das wissen wir alle. Die staatliche Infrastruktur ist in weiten Teilen des Landes zusammengebrochen. Täglich gibt es Berichte über Ver­treibungen und Morde. Ethnische Unterschiede spielen dabei eher weniger eine Rolle als religiöse Zuordnung zum christlichen oder muslimischen Glauben. Aber meist ist auch das eher ein Vorwand.

Frau Buchholz, kriminelle Banden und örtliche War­lords terrorisieren weite Teile des Landes. Es gibt meis­tens keine klaren Frontlinien und auch keine klar erkenn­baren Gegner.

(Dr. André Hahn [DIE LINKE]: Was sollen da Soldaten machen?)

Das ist der Kern des Problems. Darauf geben Sie keine Antwort.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU – Zurufe der Abg. Christine Buchholz [DIE LINKE])

Ich räume gerne ein, dass es nicht falsch ist, wenn wir uns angesichts dieser Situation eine gewisse politische Ratlosigkeit offen eingestehen. Die Eskalation der Ge­walt in den letzten Monaten spricht da auf schreckliche Weise für sich. Es darf aber nicht zur Ausrede werden, nicht einzugreifen.

(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Rich­tig!)

Aber die große Unübersichtlichkeit der Lage und viele offene Fragen stellen uns schon vor eine schwierige Ent­scheidung.

Der Konflikt droht sich weiter auszubreiten. Die Krise in Zentralafrika hat eine Sprengkraft, die die ge­samte Region vom Tschad bis zum Norden des Kongo destabilisieren könnte. Der Einsatz von Truppen der Afrikanischen Union und ihre Unterstützung durch Frankreich war daher richtig, reicht aber nicht aus. Des­halb ist es gut, dass die UNO jetzt ihre Verantwortung wahrnehmen will und heute ein Mandat beschlossen hat. Das ist eine gute Nachricht.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Diese Krise muss auf der Ebene der Vereinten Nationen behandelt werden. Wo sonst?

Wenn es ein UN-Mandat gibt, dann müssen wir uns damit auseinandersetzen, dass die Anforderung an uns gestellt wird, das zu unterstützen. Eine dauerhafte UN-Peacekeeping-Mission ist angesichts der Situation in diesem Land dringend notwendig.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Nur so können mehr Stabilität und mehr Sicherheit für die Menschen in Zentralafrika erreicht werden; da hat die UNO recht. Es ist wichtig, dass diese Mission zu­stande kommt. Im September soll es so weit sein, und das ist nicht viel Zeit für die Umsetzung einer so schwie­rigen Mission. Deshalb ist eine Zwischenlösung für die nächsten sechs Monate absolut notwendig. Es ist richtig, dass die Europäische Union und Deutschland sich dabei engagieren, dabei helfen. Ich sage das, auch wenn heute noch nicht sicher ist, dass sie in diesem Zeitrahmen funktioniert.

Die Zentralafrikanische Republik gehört übrigens zur Gruppe der Afrika/Karibik/Pazifik-Staaten, die seit Jahr­zehnten sogar eine Paritätische Parlamentarische Ver­sammlung mit der Europäischen Union haben. Ich selber war dort mal fünf Jahre Mitglied. Es gibt für uns Euro­päer auch deshalb eine besondere politische Verpflich­tung, der Bevölkerung dieses Partnerlandes beizustehen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Das bedeutet: In den nächsten sechs Monaten müssen die Voraussetzungen für die humanitäre Versorgung und die elementare Sicherheit auch durch Militär hergestellt werden. Es ist richtig, dass Deutschland trotz der un­übersichtlichen Lage dabei hilft. Was aber nach der hu­manitären Nothilfe benötigt wird, ist ein langfristiges Entwicklungskonzept für Zentralafrika.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Die Stabilisierung der Sicherheitslage muss mit einem Konzept des zivilen Wiederaufbaus verbunden werden.

Dass Minister Müller nun 10 Millionen Euro an So­forthilfe für das Land und die zentralafrikanischen Flüchtlinge zur Verfügung gestellt hat, das ist sehr zu be­grüßen. Aber angesichts der katastrophalen Lage ist das nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Das kann nur ein erster Schritt sein.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Der UN-Nothilfekoordinator beziffert den Bedarf des Landes gegenwärtig auf fast 550 Millionen US-Dollar. Wir können und wir müssen bei der zivilen Hilfe sehr viel mehr tun. Wir erwarten hier weitere Initiativen der Bunderegierung.

Der militärische Beitrag Deutschlands, über den wir heute zu entscheiden haben, ist dabei nur ein, wenn auch notwendiges Element, das helfen soll, die Voraussetzun­gen für zivile Hilfe zu stabilisieren.

(Roderich Kiesewetter [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

Meine Fraktion wird dem Antrag der Bundesregierung auf Mandatierung der Bundeswehr für diesen Einsatz deshalb mit großer Mehrheit zustimmen.

Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU und der SPD)

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