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UNMISS: Schutzverantwortung wahrnehmen & Frieden herstellen

Am 21.09.17 diskutierten die Abgeordneten des Deutschen Bundestages über die Verlängerung der Mission der Vereinten Mission im Südsudan (UNMISS). Nach dem neu entfachten Bürgerkrieg im Juli 2016 hat sich die Lage der Zivilbevölkerung weiter drastisch verschlechtert. 7,6 Millionen Menschen sind im Südsudan auf humanitäre Hilfe angewiesen. UNMISS und Nichtregierungsorganisationen berichten immer wieder über das Ausmaß systematischer sexueller Gewalt als Kriegstaktik wovon insbesondere Frauen und Kinder betroffen sind.  Ziel der internationalen Gemeinschaft im Südsudan muss die Beilegung des Konflikts, die Minderung der Folgen für die Zivilbevölkerung und der Wiederaufbau des Landes sein.

Frithjof Schmidt begründete die Zustimmung seiner Fraktion in seiner Rede wie folgt:

 

Dr. Frithjof Schmidt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Die schlimme Entwicklung im Südsudan zeigt uns auch die ganzen Dilemmata und Unzulänglichkeiten vieler Peacekeeping-Einsätze der Vereinten Nationen. Sie können viel Schlimmes verhindern, aber leider viele Menschen auch nicht schützen. Sie reichen oft nicht aus, um politische Lösungen mit durchzusetzen. Und doch: Sie sind notwendig; das finde ich ganz wichtig.

Meine Frage an den Kollegen von der Linkspartei, Tobias Pflüger: Ich verstehe Ihre Position nicht ganz. Sie sagen, Sie stimmen dem Mandat für die Bundeswehr nicht zu. Aber Sie sagen nicht, UNMISS soll abziehen. Das heißt, Sie sagen: Das sollen doch andere machen. – Das finde ich völlig inkonsistent in einer so ernsten Lage.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Die Lage – das ist hier beschrieben worden – ist desaströs. Immer wieder gibt es neue Gefechte zwischen Rebellen und Regierungstruppen. Das Friedensabkommen aus 2015 ist hinfällig. Auch die für 2018 geplanten Wahlen werden wohl nicht stattfinden. Über 2 Millionen Menschen sind bereits in die Nachbarländer geflohen. Fast genauso viele sind innerhalb des Landes vertrieben.

Andere haben es hier schon beschrieben: Die Hilfsorganisationen erreichen gerade einmal die Hälfte aller Hilfsbedürftigen, also viel zu wenig. Sie werden selbst immer öfter Opfer von Gewalt. In dieser schwierigen Lage leisten die Vereinten Nationen den zentralen Beitrag dazu, dass das Land nicht noch weiter im Chaos versinkt. Das ist gut und richtig so.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

UNMISS bietet vielen Menschen, die vor der Gewalt geflohen sind, zumindest einen gewissen Schutz. Sie unterstützt die humanitären Hilfsorganisationen bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben und schützt sie dabei vor Gewalt. Über 200 000 Zivilistinnen und Zivilisten werden gegenwärtig in den sechs Schutzzonen der UN versorgt. Es gibt Hunger im Land, aber dass eine ganz große Hungersnot in diesem Jahr verhindert werden konnte, verdanken wir eben auch der Präsenz der Blauhelmsoldaten.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es stimmt: Bei dieser Mission sind schwere Fehler passiert. Erst kürzlich hat das ein UN-Bericht deutlich gemacht und den UNMISS-Soldaten schweres Versagen beim Schutz von Zivilistinnen und Zivilisten vorgeworfen. Trotzdem ist klar: Für Hunderttausende bieten die Lager, die UNMISS schützt, die einzige Zuflucht und Rettung. Eine Schwächung oder gar ein Abzug von UNMISS wäre für all diese Menschen eine komplette Katastrophe. Ich bitte die Kolleginnen und Kollegen von der Linkspartei, sich ihre Entscheidung wirklich noch einmal durch den Kopf gehen zu lassen. Dass Sie dabei abseitsstehen wollen, kann ich nicht verstehen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Deswegen empfehle ich meiner Fraktion ganz nachdrücklich, auch diesmal diesem Mandat zuzustimmen.

Aber es ist auch klar: Die UN-Mission allein wird die Lage im Land nicht stabilisieren können. Viele Beobachter sehen das Friedensabkommen praktisch als letzte politische Chance für den Staat Südsudan. Was ein Implodieren des Südsudans für die ganze Region bedeuten würde – übrigens auch für die Frage großer Fluchtbewegungen aus dieser Region -, können wir uns kaum ausmalen. Deswegen ist es absolut notwendig, dass Deutschland und die Europäische Union international die Initiative ergreifen und sich energisch für offene Verhandlungen zwischen den Konfliktparteien und natürlich auch für ein Waffenembargo durch die UNO, das lange überfällig ist, einsetzen. Das muss endlich durchgesetzt werden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Es muss einen umfassenden Dialog im Land geben, der auch die zivilgesellschaftlichen und kirchlichen Akteure einbezieht. Dazu gehört übrigens auch – das muss ich in Richtung der Regierungsbank sagen -, dass der deutsche Außenminister, wenn er zu Besuch im Südsudan ist, Treffen mit der Zivilgesellschaft nicht einfach absagen sollte. Gerade mit diesen Akteuren muss nämlich gesprochen werden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Angesichts der verheerenden Lage müssen wir dringend über eine Verbesserung und Stärkung dieser UN-Mission reden. Sie reicht so, wie sie ist, in dieser Krisensituation einfach nicht aus.

Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

 

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