Bundestag debattiert über Irakeinsatz der Bundeswehr

Die Bundesregierung möchte die Bundeswehr für die Ausbildung von kurdischen Streitkräften in den Irak entsenden. Sie hat dazu dem Bundestag ein Mandat vorgelegt. Obwohl Frithjof Schmidt eine Ausbildung für sinnvoll hält, kritisierte er das vorgelegte Mandat scharf, da weder ein UN-Mandat noch ein EU-Beschluss vorliegen. Er wandte sich zudem gegen einen „Blankoscheck“ für weitere Waffenlieferungen, die im Mandat festgeschrieben sind. Die Bundeswehr hat kürzlich selbst eingeräumt, dass sie nicht wisse, wohin die Waffen im Irak ausgeliefert werden.


 

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Wir alle in diesem Haus teilen die Überzeugung, dass die Terrororganisation ISIS bekämpft werden muss. Um es klar zu sagen: Meine Fraktion hält auch die militärische Ausbildung von kurdischen Kämpferinnen und Kämpfern für einen sinnvollen Beitrag dazu. Das hat ja auch bisher schon stattgefunden, allerdings nicht vor Ort im Irak, sondern hier in Deutschland. Das war gut so.

Jetzt hat die Bundesregierung entschieden, doch einen Ausbildungseinsatz vor Ort im Irak durchzuführen. Wir gehen in die Prüfung dieses Mandates ganz offen rein. Wir halten seine Absicht durchaus für sinnvoll, und wir stehen zu dem Grundsatz: Im Zweifel muss es ein Mandat geben. Es muss dann aber auch inhaltlich die rechtlichen Voraussetzungen für einen Einsatz der Bundeswehr im Ausland erfüllen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 Ich sehe nicht – und ich sage ganz bewusst: leider nicht -, dass Ihnen das mit diesem Mandat gelungen ist.

Ich teile Ihre Position, dass die völkerrechtlichen Voraussetzungen für ein solches Mandat gegeben sind. Es gibt die Aufforderung der irakischen Regierung an die UN-Mitgliedstaaten, ihr Unterstützung im Kampf gegen ISIS zu leisten. Es gibt eine Einladung durch die irakische Zentralregierung und durch die kurdische Regionalregierung an die deutsche Regierung. Das ist völkerrechtlich ausreichend. Aber ein Mandat, das Sie nach Artikel 24 des Grundgesetzes beantragen, muss zusätzlich die Bedingung erfüllen, dass der Auslandseinsatz im Rahmen eines Systems kollektiver Sicherheit stattfindet. Das ist bisher ‑ und ich sage wieder: leider ‑ offenkundig nicht der Fall. Es gibt kein UN-Mandat, und es bleibt ein politischer Fehler, dass Sie sich nicht energisch dafür einsetzen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 Jetzt versuchen Sie, das Fehlen eines Mandates durch zwei Elemente rechtlich einfach zu ersetzen. Sie beziehen sich auf die vage formulierte Resolution 2170 des Sicherheitsrates vom August 2014, in der ganz allgemein zur Unterstützung des Iraks beim Kampf gegen die Terroristen aufgerufen wird, und Sie beziehen sich auf eine Erklärung des Präsidenten des Sicherheitsrates vom September 2014, die noch allgemeiner formuliert ist und außerdem von ihrem Status her völkerrechtlich nicht bindend ist. Damit können Sie das Fehlen eines UN-Mandates wirklich nicht ersetzen. Das reicht nicht. Das ist nicht verfassungskonform.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)

Herr Außenminister, ich verstehe in diesem Zusammenhang nicht, warum die Bundesregierung nicht wenigstens einen Beschluss der Europäischen Union herbeigeführt hat, der die Mitgliedstaaten zu Ausbildungsmissionen im Irak auffordert. Das könnte das Fehlen eines UN-Mandates heilen. Deshalb frage ich die Bundesregierung ausdrücklich: Weshalb haben Sie das bisher nicht getan? Warum setzen Sie stattdessen auf diese abenteuerliche Interpretationsakrobatik von UN-Texten? Ich verstehe das nicht. Auch der gute Zweck heiligt nicht das Aushöhlen der politischen Vorgaben durch unsere Verfassung. Das darf nicht sein.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 Ich habe noch eine andere politische Kritik an Ihrem Mandatstext. Sie vermengen bei der Formulierung der Aufgaben die Ausbildungsmission mit einem Blankoscheck für Waffenlieferungen in den Nordirak, und zwar für den Zeitraum eines ganzen Jahres. Gerade gestern erreichten uns die Nachrichten, dass die Bundeswehr nicht weiß, an welche Einheiten und wohin genau die bisher gelieferten Waffen in Kurdistan gehen. Die Bundesregierung erklärt dazu dann einfach, dass ihr keine Erkenntnisse vorliegen, dass gegen die Endverbleibserklärung verstoßen wird. Wer auf dieses Problem nur mit Sokrates – ich weiß, dass ich nichts weiß – antwortet der hat das Problem der Proliferation nicht einmal ansatzweise verstanden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)

Sie müssen diesen Blankoscheck für Waffenlieferungen aus diesem Mandat wieder streichen.

Ich kann meiner Fraktion ‑ und ich sage: leider ‑ bisher nicht empfehlen, einem so formulierten Mandat zuzustimmen.

Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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