Rede zur UN-Mission in Mali (MINUSMA)

Der Bundestag hat über die Erweiterung des Bundeswehreinsatzes an der UN-Mission in Mali (MINUSMA) debattiert. Frithjof Schmidt warb in seiner Rede für das Mandat. Mali mache zwar nur langsam Fortschritte, jedoch gibt das im Sommer erreichte Friedenabkommen Grund zur Hoffnung. Ohne die UN-Mission wären der erreichte Waffenstillstand und der Friedensvertrag nicht denkbar gewesen. Ein deutscher Beitrag an der Blauhelm-Mission ist deshalb richtig und sinnvoll.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als einen guten Vorsatz für das neue Jahr hatte ich mir eigentlich auch vorgenommen, mich in diesem Jahr nicht aufzuregen, wenn jemand von der Linksfraktion sagt, die UNO hätte nicht in Mali intervenieren sollen, sie solle sich da raushalten und am besten abziehen. So habe ich Sie verstanden, lieber Kollege Movassat. Ich schaffe es aber einfach nicht, diesen Vorsatz einzuhalten.

(Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU und der SPD)

Es war völlig richtig, dass die UNO in Mali interveniert hat, als nach dem Vormarsch der Islamisten und Frankreichs unilateralem Gegenschlag der Staat vor einem möglichen Zusammenbruch stand. Was soll denn anderes unsere politische Antwort sein, als zu sagen, dass die Vereinten Nationen dann die Verantwortung übernehmen müssen? Das ist doch ein zentrales Element unserer Politik, wie wir internationale Verantwortung organisieren wollen. Eigentlich hatte ich Sie immer so verstanden, dass auch Sie das wollen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU und der SPD)

Dann kann man aber doch nicht sagen, das Problem sei, dass sie da sind und versuchen, im Norden die Situation zu bewältigen. Das allein beherrschende Element ist eben nicht ein Konflikt zwischen der Zentralregierung und Kämpfern im Norden, die für Autonomie oder Unabhängigkeit sind. Vielmehr kämpfen im Norden verschiedene Rebellengruppen gegeneinander, sodass eine ganz unübersichtliche Lage entstanden ist. Die UNO versucht jetzt, zum Erreichen eines politischen Friedensprozesses, wofür es ja ein politisches Gesamtkonzept gibt, zwischen diesen Gruppen zu vermitteln – deswegen die Verhandlungen in Algier, deswegen die Schritte zu einem Friedensvertrag – und das auch militärisch abzusichern. Das ist doch die zentrale Aufgabenstellung.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das mit der Lage in Afghanistan zu vergleichen, wird der Sache überhaupt nicht gerecht. Das verballhornt die politische Situation in Mali. Sie ist dort nun einmal anders.
Die entscheidende Frage ist: Ist das, was die UNO versucht, richtig, und wollen wir sie unterstützen? Da eiern Sie immer herum. Sie sagen nie klar, dass Sie die UNO unterstützen wollen. Sie vermeiden es aber auch, zu sagen: Raus mit der UNO. – Sie müssen einmal klären, was Sie an diesem Punkt eigentlich wollen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Die militärischen Fronten sind kompliziert und unübersichtlich. Man muss auch klar sagen – das ist natürlich mit ein Teil des Problems -, dass immer wieder viele Menschen im Norden vor diesen Kämpfen flüchten müssen. Die humanitäre Not ist groß. Wir dürfen da nichts schönreden. Aber auch hier ist die Antwort, dass wir in dieser Situation Sicherheitskräfte der Vereinten Nationen brauchen.
Es ist auch völlig richtig, wenn man darauf hinweist, dass es in den letzten zwei Jahren immer wieder zu schweren Rückschlägen bei dem Friedensprozess gekommen ist. Das müssen wir – da stimme ich Ihnen zu – der Bevölkerung in Deutschland auch klar sagen. Der Einsatz in Mali gilt zu Recht als einer der gefährlichsten UN-Einsätze, die es momentan gibt. Die Blauhelme sind dort schon mehrfach aufgrund ungenügender Aufklärung zwischen die Fronten geraten. Wir müssen auch die Zahlen nennen. In den letzten zweieinhalb Jahren hat es 68 tote Blauhelmsoldaten gegeben. Das ist mit der höchste Blutzoll, den die UNO bei einem friedensvermittelnden Einsatz bisher bezahlt hat. Das ist dramatisch. Im letzten Jahr gab es einen verheerenden Anschlag auf ein Hotel in Bamako. Auch darüber muss man sprechen.
Aber trotz all dieser Schwierigkeiten ist die UNO entscheidend vorangekommen. Sie hat es inzwischen geschafft, fast alle bewaffneten Gruppen zu Friedensverhandlungen an einen Tisch zu bekommen. Sie hat es geschafft – mit einigen Rückschritten zwischendurch -, dass ein Friedensvertrag unterzeichnet worden ist, der ein wichtiger Schritt in die Richtung ist, von einem Waffenstillstand zu einem dauerhaften Frieden zu kommen. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass einige Splittergruppen im Land den Waffenstillstand immer wieder brechen und dass bewaffnete Islamisten aus den Nachbarländern immer wieder versuchen, von dort aus zu intervenieren. Aber die weitere Umsetzung dieses Friedensprozesses, für den es ein politisches Gesamtkonzept gibt und der vorangekommen ist, kann in dieser Lage natürlich nicht ohne die Absicherung durch eine starke und auch militärisch robuste Präsenz der UNO im Land gelingen.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Es ist wirklich klar sichtbar, dass dieser Einsatz der Blauhelme geholfen hat, eine politische Lösung im Norden durchzusetzen und zu implementieren. Das zentrale Element ist doch immer, dass wir sagen: Es muss einer politischen Lösung dienen. – Das unterscheidet die Situation in Mali ganz deutlich von der Situation in vielen anderen Ländern, in denen die UNO präsent ist. Das heißt, das ist eine sinnvolle UN-Mission. Wir als Grüne haben sie von Anfang an unterstützt. Wir finden es auch richtig, wenn Deutschland sich in dieser durchaus gefährlichen Lage stärker engagiert und wenn die Bundeswehr dort Aufgaben von den Niederländern übernimmt, aber auch unsere französischen Partner entlastet, gerade im Bereich der Aufklärung, deren Schwächen mit dazu beigetragen haben, dass es so viele tote UN-Soldaten zu beklagen gibt. In diesem Bereich können wir die Unterstützung leisten, die dort so dringend benötigt wird.
Noch einmal: Wir wissen, wie gefährlich dieser Einsatz ist. Aber es gibt eben im Fall Malis, anders als in vielen anderen Fällen, eine Chance auf einen dauerhaften Frieden – es gibt ein politisches Gesamtkonzept für den Frieden, zumindest für den Norden; ich weiß, dass es gerade bei der Frage des Staatsaufbaus auch viele Probleme im Süden gibt -; aber diese Chance darf nicht verspielt werden. Es hätte Folgen für den gesamten Norden Afrikas und die Sahelzone, wenn die Vereinten Nationen dies zuließen. Deswegen werbe ich für die Zustimmung zu diesem erweiterten Mandat.
Danke für die Aufmerksamkeit.

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